Überspringen zu Hauptinhalt

Kloster Gut HolthausenIn der ehemaligen Klosterkirche der Zisterzienserinnen von Holthausen blieb ein kleines Orgelwerk erhalten. Es wurde als Brüstungsorgel in die damalige Nonnenempore eingefügt und seitenspielig eingerichtet. Wie bei vielen historischen Werken in Westfalen findet sich hier recht alte Substanz, die im Laufe der Geschichte immer wieder verwendet, aber auch verändert wurde. Leider scheinen alle Bauakten verloren zu sein, so daß kein Erbauer zu ermitteln war. Lediglich die Jahreszahl „1764“ über der Spielanlage gibt einen gewissen Anhaltspunkt, jedoch wurden bereits damals ältere Teile verwendet, die wohl aus einer anderen Kirche stammen. Hierzu gehört die Rahmenkonstruktion des Gehäuses, die Prospektstöcke, der Engel auf dem Mittelturm und ein recht altes, dickwandiges Bleigedackt mit ausnehmend schönem Klang. Die meisten Füllungen und das Schnitzwerk wurden, ebenso wie die Trakturen, beim Einbau in die Klosterkirche neu angefertigt. Außerdem wurde eine Windlade von anderer Herkunft, verwendet. Es handelt sich hierbei um eine chromatische Bohlenlade, die ursprünglich einen größeren Tonumfang hatte. Sowohl der über c³ reichende Tonumfang, als auch die chromatische Pfeifenaufstellung deuten auf ein kammermusikalisches Instrument, welches von seiner Herkunft schwer einzuordnen ist.

Aufgrund der Windladensituation wurde damals auf den Anschluss von Prospektpfeifen verzichtet. Die drei Türme weisen Holzattrappen auf, die kleinen Zwischenfelder Zinnpfeifen ohne Kern, die Längsnähte der Pfeifen sind nur geheftet. Der Principal 4′ steht an dritter Stelle auf der Windlade. Diese Aufstellung ist zwar ungewöhnlich, aus der besonderen Umbausituation aber erklärbar und durch alte, in Resten noch vorhandene Papier-Registerschilder überliefert. Gerade noch identifizierbar war die Besetzung des letzten Stockes mit einer in Bass- und Diskantbereich geteilten Trompete. Nicht mehr erkennbar waren die beiden davor stehenden Register, doch dürfte es sich dabei nach barocker Praxis um eine Mixtur und eine Octave 2′ gehandelt haben.

Nach 1848 wurde ein Magazinbalg mit Handschöpfer eingebaut und die Disposition geändert. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Bohlenlade bis auf zwei Register abgesägt und mit Sperrholz um zwei Register verlängert. Von den vier Registern war schon damals wohl nur noch das Gedact 8‘ aus der Erbauungszeit vorhanden. Als seltener Glücksfall für Westfalen kann die vollständige Erhaltung der brocken Spielanlage gewertet werden. Der Tonumfang des Manuales reicht von C, D bis c³, das Pedal ist nur angehängt, verfügt also nicht über eigene Register und reicht von C, D lediglich bis d°.

Bei der Restaurierung wurde das Gehäuse, welches seit dem Einbau des Magazinbalges im unteren Bereich unvollständig geblieben war, ergänzt und stabilisiert. Weiterhin wurde die alte Bohlenlade für die insgesamt sieben Register entsprechend den erhaltenen Registerschlüsseln ergänzt und alle historischen Teile instand gesetzt. Es wurde die mutmaßliche Disposition von 1764 hergestellt, die Pfeifen entsprechend der Bauweise des Gedact aus dickwandigem gehämmerten Blei nach historischen Bauformen gefertigt. Die Stimmtonhöhe liegt bei 465 Hz / 15°C, die Temperierung wurde nach Werckmeister III vorgenommen, der Winddruck mit 55mmWS eingerichtet. Die Restaurierung der Farbfassung wurde durch Albert Hornemann aus Neudietendorf besorgt.

Obwohl das Instrument über nur sieben Register verfügt, bietet es zahlreiche klangliche Möglichkeiten. Der akustisch sehr angenehm veredelnde Raum und die Abstimmung der Register lassen fast alle möglichen Registerkombinationen als sinnvolle Varianten zu.

Dieses Orgelwerk vermag einen kleinen Eindruck zu vermitteln, wie interessant und vielfältig die westfälische Orgelbautradition einst gewesen ist, wovon besonders in den vergangenen Jahrzehnten viel Substanz durch moderne Umbauten entfernt oder „geglättet“ und an bestehende Normen und Vorstellungen angeglichen wurde. Dem sensiblen Musiker, Zuhörer und Betrachter wird der Reiz dieses Kleinodes nicht verborgen bleiben.

(Quelle: www.orgelbau-waltershausen.de/wlrholt.htm)

Kloster Gut Holthausen
An den Anfang scrollen